Beim Oldtimer-Treffen der Schlepperfreunde Waldems werden nicht nur Traktoren, sondern auch Geschichten bestaunt
NIEDEREMS. „Am vergangenen Wochenende war ich in Wetzlar-Nauborn. Das ist ungefähr 40 Kilometer entfernt. Da bin ich mit diesem Ding hingefahren und habe meiner Schwester Holz gebracht.“ Dieter Bussinger schwärmt von seinem Lanz aus dem Jahr 1950, den er liebevoll „Ding“ nennt. Der Traktor sei allerdings nicht vom berühmten Lanz in Mannheim erbaut worden, sondern vom Hermann Lanz aus Aulendorf, der nur bis Anfang der 70er Jahre Fahrzeuge produziert habe. „Meine Schwester hat mich wohl schon eine Viertelstunde vor der Ankunft gehört. Und in den Ortschaften gucken die Leute immer und winken. Aber das ist nicht nur ein Sammlerstück, sondern noch immer ein Arbeitstier. Ich habe ihn jetzt zehn Jahre, und er hat in der Zeit noch nie eine Werkstatt gesehen.“
Er steigt vom Schwingsitz herunter und geht um den Traktor herum. „Und er hat keinen Starter, sondern nur hier vorne eine Kurbel.“ Mit einem Finger betätigt er mehrfach einen Hebel zum Dieselansaugen. „So ein Ding lebt ja fast. Der muss einen richtigen Blubb machen.“ Und genau den hört er jetzt. Er setzt die Kurbel ins vorgesehene Loch und dreht sie nur zwei Mal, anscheinend ohne viel Kraft. Dann hört er auf, und die Zuseher wundern sich, denn der Motor läuft doch noch nicht. Denkste! Ein dumpfer Schlag ist zu hören, dann noch einer. Die Schlagfolge wird schneller. Der Motor läuft. „Der springt immer an“, lobt Bussinger den zuverlässigen Einzylinder-Dieselmotor mit 14 PS. Dann lenkt er das dumpf tuckernde Gefährt über die Wiese am Sportplatz von Niederems.
Verein hat 80 Mitglieder mit etwa 60 Fahrzeugen
Bussinges Oldtimer ist einer von 40, die am Samstag, dem ersten Tag des Oldtimer-Schleppertreffens der Schlepperfreunde Waldems, zu bestaunen ist. Bei herrlichstem Wetter stehen die Zugfahrzeuge – 39 Traktoren und ein Unimog – in vier Reihen unterhalb des Sportheims, vor dem die Besucher bei Gegrilltem und Getränken gemütlich beieinander sitzen – am Abend auch bei Livemusik. Namhafte Traktoren von Fendt, Deutz, Lanz, MAN, Hanomag, Massey-Ferguson und sogar Ford rahmen Exemplare seltener Marken wie Kramer, Hürlimann oder Eicher ein. Am Rande der Fläche präsentiert Hubert Hönge von der Bermbacher Wildnisschule „Moccasin Tracks“ besondere Jagdmesser nach schottischer Art und er schmiedet live kleine Kunstwerke aus Nägeln und aus Hufeisen, gar Grillgabeln oder Messer.
Der 1. Vorsitzende Robert Amstutz erzählt aus dem 2002 gegründeten Schlepperverein: „Wir haben ungefähr 60 Fahrzeuge bei 80 Mitgliedern im Verein. Unsere Mitglieder kommen natürlich vorwiegend aus der Umgebung, aber wir haben sogar jemanden aus Diedenbergen dabei.“ Speziell für den Nachwuchs stelle der Verein gar einen eigenen McCormick-Traktor bereit, damit immer willkommene junge Leute das Traktorfeeling erfahren könnten. Und er lobt die hervorragende Organisation des Treffens durch Klaus Heilhecker und Marco Deusinger.
Am Sonntag, dem Haupttag, finden sich schließlich deutlich mehr Teilnehmer ein. Mehr als 120 Schlepper reihen sich aneinander. Dazu kommen einige Auto- und Motorrad-Oldtimer. Für die weiteste Anfahrt werden Helmut Kaiser aus dem rheinland-pfälzischen Hettenleidelheim mit einer Anfahrt von 118 Kilometern sowie zwei Fahrer aus Babenhausen (Landkreis Darmstad-Dieburg) geehrt. Der Pokal für das mit dem Baujahr 1948 älteste Fahrzeug geht an Holger Leichtfuß. Der am stärksten vertretende Gastverein ist „Historische Landmaschinen Diedenbergen“, bei denen der 81-jährige Anno Respondek auch den Pokal als ältester Teilnehmer erhält.